Am Samstagabend hatte es mir beim Kölner Wikipedia-Workshop so gut gefallen, dass ich mich erst gegen 2 Uhr zu meiner Unterkunft aufgemacht habe. Da die Stadtbahn Köln selbst am Wochenende so spät nicht mehr fährt, musste ich mich zu Fuß auf den Weg machen, was aber nicht so schlimm war, denn ich hatte mir einen zusätzlichen warmen Kapuzenpullover mitgebracht, und der Weg quer durch Ehrenfeld war auch nicht weit und sicher auch ungefährlich, zumal es sich überwiegend um ein bürgerliches Wohnviertel handelt. Zudem fuhr ein Polizeifahrzeug Streife, das einige Zeit langsam neben mir entlang fuhr, dann aber das Interesse verlor und in die Richtung zurückfuhr, aus der ich gekommen war.
Kurz darauf – ich war nach 15 Minuten Fußmarsch fast am Ziel – hielt ein anderes Polizeiauto direkt vor mir, ein junger, gut aussehender Polizist sprang heraus, blendete mich mit einer Taschenlampe und rief „Hände hoch!“ Gleich darauf hielt ein weiteres Polizeiauto, und ich war zwischen den Polizeiautos eingekeilt. Ein etwas älterer Polizist stieg aus dem zweiten Auto, während der jüngere begann, mich abzutasten und meine Taschen zu leeren. Er kreischte dabei, dass er mir später erklären werde, was los sei, und war recht unfreundlich. So fragte er mich zum Beispiel nach Waffen; ich hätte nicht gedacht, dass ich so aussähe, als ob ich Waffen bei mir trüge! Seine Untersuchungsmethode war etwas verklemmt, denn er tastete den Bereich zwischen den Knien, den Schritt und den Gesäßbereich nicht ab, obwohl man ja gerade hier Waffen tragen könnte. Aufgrund seiner Unfreundlichkeit vermute ich, dass diese Unterlassung nicht aus Rücksichtnahme auf mich erfolgte. Auch die Innentaschen meiner Jacke, die Taschen des Kapuzenpullovers und mein Handy am Gürtel fanden keine Beachtung. Ich hätte bequem und unbemerkt eine Pistolentasche unter der Jacke oder statt des Handys am Gürtel tragen können.
Schließlich setzte er sich in den Wagen, um meinen Personalausweis über Funk zu überprüfen. Indessen erklärte mir der etwas freundlichere, ältere Polizist, dass sich ein Sexualdelikt ereignet habe und nach einem Täter mit Kapuzenpullover gesucht werde. Das ist ja auch ein untrügliches Kennzeichen – vor allem wenn es kalt draußen ist! Er erklärte, eine Frau sei vergewaltigt worden, und ich konnte gleich ein überzeugendes Argument für meine Unschuld vorbringen, worüber der Polizist sogar schmunzeln musste. Er wollte noch wissen, woher ich kam, und ich erwähnte den Workshop. Das fand er ausgesprochen interessant und lobte die Wikipedia. Dann gab mir der junge Polizist auf gewohnt unfreundliche Weise meine Sachen und den Personalausweis zurück, und ich konnte meines Weges ziehen.
Den Kapuzenpullover habe ich dann am nächsten Tag im Chaos Computer Club Cologne liegen lassen…
Na – gleich zwei Kölner Qualitätserfahrungen auf einmal, die KVB und die Polizei.
Die Kölner Verkehrsbetriebe schaffen tatsächlich immer wieder den schlechtesten Nahverkehr Deutschlands anzubieten (naja, wenn man Menschen noch als Beförderungsfälle betrachtet kein Wunder), und mit der Polizei hats du wohl eher Glück gehabt, die können (leider) auch anders …
Ich lebe (als ex-Kölner) seit Jahren in Berlin, bin aber immer noch regelmäßig in Köln – und entsetzt, dass sich (gerade was den nahverkehr angeht) nichts ändert in der Mentalität …
lg Ulli
Krasse Geschichte!