Auf dem Weg zum Bundesparteitag der Piratenpartei in Bingen habe ich etwas Zeit, mir ein paar Gedanken zum gegenwärtigen Stand der Partei zu machen. Für viele war ja das Ergebnis in NRW sehr ernüchternd. Ich will hier nichts schönreden: knapp über 1,5% ist weniger als ich erwartet hatte (ich hatte mit knapp über 2% gerechnet), aber NRW ist ein schwieriges Land, denn im ländlichen Raum haben die Piraten wenige Chancen, in den Ballungsräumen gibt es zum Teil eine gewisse Überalterung und viele Stammwähler der SPD, die zum Teil auch von den Linken vereinnahmt wurden. Mit den minimalen Wahlkampfmitteln der Piraten war in dem Flächenland ohnehin wenig zu reißen. Hinzu kommt, dass zur Zeit praktisch kein Piratenthema die öffentliche Diskussion beherrscht.
Wichtig für die Zukunft
Es liegt für mich auf der Hand, dass die Piraten nur dann eine Chance haben, wenn sie zeigen können, dass bei ihnen auf eine neue Art Politik gemacht wird: Es geht darum, möglichst transparent möglichst viele Menschen zu beteiligen. Deshalb halte ich den Ausbau des partizipativen Parlamentarismus (Liquid Democracy) für ganz wichtig, und ich werde auf jeden Fall diejenigen Anträge und Kandidaten unterstützen, die sich dieses Vorhaben auf die Fahne geschrieben haben. Das Werkzeug dafür (Liquid Feedback) ist ja nun schon seit einem halben Jahr vorhanden. Ich wollte eigentlich keine Wahlempfehlung abgeben, möchte aber in diesem Zusammenhang doch Christopher Lauer nennen, der wahrscheinlich der vehementeste Vertreter des bundesweiten Einsatzes von liquidfeedback ist (Befragung des Kandidaten). In diesen Zusammenhang gehört natürlich auch die Aufnahme des Themas „Mehr Demokratie“ ins Parteiprogramm, wie es Ben vorgeschlagen hat, für den ich jetzt auch gleich eine Wahlempfehlung abgebe. Dass die Piratenpartei für eine offenere Politik steht, zeigt sich ja schon jetzt: Allein das Podcastangebot ist beeindruckend!
Ganz wichtig ist auch die thematische Schärfung der Piratenpartei: Die Abgrenzung von Populisten jedweder Couleur muss deutlich sein. Stärker betont werden muss die liberal-individualistische Ausrichtung, die der gemeinsame Nenner der Partei ist (jedenfalls nach meinem Eindruck): Etwas intellektueller kann man auch von politischem Immaterialismus sprechen, was aber im Straßenwahlkampf nicht so leicht zu vermitteln ist. Das Konzept muss dann eben an konkreten Forderungen festgemacht werden. In einem persönlichen Gespräch brachte es GA sehr schön auf den Punkt, indem er das Wesen der Piratenpolitik mit ihrem nicht-normativen Menschenbild begründete. Griffiger klingt es so: Freiheit – Gleichheit – Vielfalt.
Die Piraten haben noch einen langen, steinigen Weg vor sich und ich kann die Enttäuschung über das Wahlergebnis gut verstehen. Dennoch ist auch das bereits erkämpfte schon eine gewaltige Leistung.
Es wird Freude bereiten, euren Weg in der nächsten Zukunft zu beobachten. Aber sicher werde ich mich auch noch ein paar Mal über merkwürdige Stimmungsmacher aus euren Reihen ärgern.
@Sammelmappe ja, so sehe ich das auch. Danke für den Kommentar!
Mich (und sicher auch andere) hat allein das „Piratenweib“ und diese elende Gender-Debatte abgeschreckt. Letztes Mal hatte die PP meine Stimme gehabt, diesmal nicht mehr 🙁
drin vor: Wie kannst du nur die ganze PP nach einer Person abhandeln.
Und ich bin allein deswegen gegen eine weitere liberal/links der Mitte angesiedelte Partei, da sie mehr den Grünen und dem linken Lager in unserem Lande schaden wird, während sie den Konservativen eher hilft.
Konservative Wähler werden von der CDU nicht zur Piratenpartei abwandern. Diesen Wählerblock können die Piraten nicht erreichen.
Stimmen erhalten die Piraten nur von den Linken, Grünen und Sozialdemokraten. Das aber führt dann wie im Fall NRW jetzt, dass die entscheidenden Stimmen für Rot-Grün fehlen. Wenn es schlecht läuft, haben wir nämlich jetzt in NRW eine Grosse Koalition, die ich Mist finde, und die dadurch zustande kommt, dass den Grünen und Sozialdemokraten entscheidende Stimmen für Rot-Grün fehlen. Die Piraten verhindern insofern Rot-Grün und sind damit ein trojanisches Pferd der Konservativen.