# Das Wulff-Interview – maha’s blog

Das Wulff-Interview

Da auf Twitter viele gewünscht haben, dass ich das heutige Interview mit Christian Wulff aus sprachlicher Sicht kommentiere, werde ich hier ein paar kurze Anmerkungen machen. Natürlich ist dabei zu berücksichtigen, dass es sich um ein Interview und nicht um eine Rede handelt. Da bei mehr oder weniger spontanen Interviews der Sprecher nicht sehr kontrolliert spricht, wäre vielleicht ein Psychologe gefragt, die Formulierungen zu kommentieren.

Wulffs Ich

Im Interview geht es um Wulff selbst, also ist zu erwarten, dass er häufig das Pronomen ich verwendet. Doch oft (in über einem Drittel der Fälle) spricht er von man anstelle von ich:

Vielleicht muss man die Situation auch menschlich verstehen, wenn man im Ausland ist, in vier Ländern in fünf Tagen und zehn Termine am Tag hat und erfährt, dass Dinge während dieser Zeit in Deutschland veröffentlicht werden sollen, wo man mit Unwahrheit in Verbindung gebracht wird. Wo man also Vertrauensverlust erleidet, dann muss man sich auch vor seine Familie stellen, wenn das Innerste nach außen gekehrt wird, private Dinge, eine Familienhausfinanzierung, wenn Freunde, die einen Kredit gegeben haben, in die Öffentlichkeit gezogen werden, dann hat man Schutzfunktionen, und man fühlt sich hilflos.

Das erste man in diesem Absatz meint Außenstehende, um dann noch im selben Satz auf den Sprecher zu referieren („wenn man im Ausland ist“); „man“ handelt hier in Reaktion auf die Presse, die aber nicht genannt wird, sondern nur implizit in Passivkonstruktionen auftritt (offenbar sollen sich die Journalisten, die ihn interviewen, nicht provoziert fühlen). Die Verwendung von man, die sich im Text noch fortsetzt, soll den Handelnden als Opfer von Ereignissen und Umständen darstellen, mit dem sich Außenstehende identifizieren sollen. Daher wird das unpersönliche man später auch durch das unpersönlich verwendete Anredepronomen Sie ersetzt:

Wenn Sie die Erfahrung machen, dass privateste Dinge aus dem privatesten Bereich, zum Teil Jahrzehnte zurückliegend, aus einer schwierigen Kindheit, einer schwierigen Familie, öffentlich gemacht werden und Sie kurz vor Veröffentlichung mit den Fakten konfrontiert werden, dann ist es doch normal, dass man darum bittet, noch mal ein Gespräch zu führen.

Hier kehrt er auch gleich wieder zum man zurück. (Die Hyperbel privatest kommentiere ich mal nicht.)

Leider ist die Verwendung von man in Verbindung mit „als Staatsoberhaupt“ oder „als Bundespräsident“ weniger gelungen, denn auch wenn es heißt: „wir sind Papst“ ist „man“ eher nicht Staatsoberhaupt. Es soll ausgedrückt werden: auch ein Bundespräsident sei nur ein Mensch (wieder mit man):

man muss eben als Bundespräsident die Dinge so im Griff haben, dass einem das nicht passiert. Trotzdem ist man Mensch und man macht Fehler.

Auch im Zusammenhang mit den ihm gestellten Fragen, verwendet Wulff wieder das impersonale Sie:

Wenn Sie 400 Fragen bekommen. Wir [!] haben inzwischen 400 Fragen durch die von mir beauftragten Anwälte […] Also bei 400 Fragen und wenn gefragt wird, was es zu essen gab, bei Ihrer ersten Hochzeit und wer Ihre zweite bezahlt hat und ob Sie den Unterhalt für Ihre Mutter gezahlt haben und ich könnte jetzt tausend Sachen mehr nennen und wer die Kleider für Ihre Frau gezahlt hat […]

Auch in diesem Sie steckt die Implikatur: Das könnte auch Ihnen passieren, was würden Sie denn anderes tun? – Es geht also darum, die Hörer dazu aufzufordern, sich mit dem Sprecher zu identifizieren und alles als „normal“ zu akzeptieren (das Wort normal fällt ja auch im Zitat weiter oben).

Antonymie und Polysemie

Wulff hatte in seiner vorweihnachtlichen Erklärung gesagt, der neue Kredit sei „festgeschrieben“. Das Wort ist etwas seltsam in dem Zusammenhang, weil Verträge ja meist unter- und nicht festgeschrieben werden. Inzwischen ist bekannt, dass die Unterschrift erst Ende Dezember erfolgte und der Vertrag erst am 16. Januar in Kraft treten wird. Also interpretiert Wulff festgeschrieben jetzt mit der „Handschlagqualität in dem Bereich, wenn man sich mit einer Bank verständigt.“ Mal abgesehen davon, dass Privatkredite von Banken nicht per Handschlag vergeben werden, ist ein Handschlag das Gegenteil (Antonym) von einer Festschreibung.

Als konverse Antonymie wird das Verhältnis der Wörter leihen und (ver-) leihen bezeichnet, die im Deutschen durch unterschiedliche Konstruktionen ausgedrückt wird: sich etwas leihen, jemandem etwas leihen. Wulff verwendet statt ‚sie wollte mir etwas leihen‘: „da wollte Frau Geerkens das Geld bei mir anlegen“ (also ein anderes Antonym von sich leihen). Damit lenkt er ab von einem eigenen Vorteil und stellt die Handlung als einen Vorteil für den Entleiher dar.

Das Wort Bewährung hat eine gewisse Bedeutungs- und Verwendungsbreite (Polysemie): So wird es auch in juristischen Zusammenhängen verwendet. Diese Verwendung des Wortes lehnt Wulff in Bezug auf seine Person ab („den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig“), um das Wort dann aber gleich selbst zu verwenden, nämlich in seiner nicht-juristischen, moralischen Bedeutung, und zwar am Ende desselben Satzes:

den Begriff der Bewährung halte ich für abwegig, sondern ich bin jetzt schweren Herausforderungen ausgesetzt, aber man muss eben auch wissen, dass man nicht gleich bei der ersten Herausforderung wegläuft, sondern dass man sich der Aufgabe stellt, und auch weiß, wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen, wie es Harry S. Truman gesagt hat, und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch..

Er ist also kein Bundespräsident auf Bewährung, sondern ein Bundespräsident auf Bewährungsprobe.

Der Schluss

Das Bild von dem Koch in der Küche ist natürlich ein gelungener Schluss. Möglicherweise hat Wulff schon früher mit dem Ende des Gesprächs gerechnet, denn auch die beiden vorherigen Absätze schließen mit Formulierungen, die zu einem Schluss passen: zunächst das Bibelzitat: „Derjenige, der ohne Schuld ist, werfe den ersten Stein“. Dann folgt (wohl ausgelöst durch Deppendorfs „zusammengefasst“) noch einmal der Versuch eines Schlussworts, in dem er sich sogar dazu hinreißen lässt zu behaupten, er habe das Amt gestärkt. Hier ist auch wieder der man-ich-Gegensatz interessant, wobei nicht ganz klar ist, ob der das unpersönliche Pronomen hier überhaupt auf sich bezieht:

durch diese Art von Umgang mit den Dingen hat man dem Amt sicher nicht gedient, aber ich bin fest davon überzeugt, dass ich durch eine ganze Reihe von Aktivitäten, in der Amtszeit das Amt des BP wieder gestärkt habe.

Schließlich folgt das Truman-Zitat, das vielleicht mehr als das Bibelzitat die Situation herunterspielt, indem sie zu einer „Herausforderung“ wird, in der „man“ sich „bewähren“ muss („und deswegen muss man offenkundig auch durch solche Bewährungsproben hindurch“).

43 Gedanken zu „Das Wulff-Interview“

  1. @martin0 Vorsicht: nicht alle Vorkommen von ich und man sind von ihm. Wenn ich mich nicht verzählt habe, sagt er knapp 70x ich, ca. 40x man und 14x Sie bzw. Ihr.

  2. 90 x ich von Wulff
    43 x man
    25 x sie
    2 x ihr

    4 x Verantwortung
    19 x Freund/e/n
    3 x Medien
    6 x Kredit
    6 x Öffentlichkeit
    12 x Fragen
    13 x Bundespräsident
    5 x Urlaub
    3 x Verstoss
    3 x leid
    2 x Entschuldigung
    5 x erklärung
    10 x privat
    7 x Geld
    6 x Geerkens
    7 x Mensch
    4 x Transparenz

  3. @Jo: Danke für die Zahlen. Da hab ich wohl ein paar ich übersehen, aber im Großen und Ganzen ist die Beobachtung ja richtig: Häufig wird die 1. Person durch die man-Person bzw. Sie ersetzt.

  4. eine charakterlose Null als höchster Repräsentant der BRD, irgendwie sagt das auch alles über den Zustand unserer Gesellschaft aus, da helfen keine Sonntagsreden mehr. Das Land schafft sich ab.

  5. Es liegt daran, dass die Passagen am Ende so geballt die Formulierung mit »man« enthalten, wie z.B. (aus dem Transkript):

    Und man wird auch ein bisschen demütiger, man wird lebensklüger und man muss aus eigenen Fehlern lernen, und gerade die Glaubwürdigkeit, die man als Bundespräsident braucht, die wird man nur zurückerlangen, wenn man auch im Umgang mit seinen eigenen Fehlern Lernfortschritte unter Beweis stellt. Darauf wird es jetzt ankommen, gerade auch bei Diskussionen mit jungen Leuten – wir machen in diesem Jahr einen Jugendtag zur Stärkung der Demokratie. Oder bei anderen Aktivitäten. Dass man auch selber berichtet, wie schnell man sozusagen in der Frage sein kann, privat, beruflich, politisch Verantwortung — Dass man hier einfach sich selbst vor sich selbst immer wieder Rechenschaft ablegen muss.

    Das Ende eines Interviews bleibt ja meist im Gedächtnis.

    Und im übrigen: Woran erkennt man, dass es Hofberichterstattung war? Dass die Frage nach den Anrufen beim Springer-Konzern nicht gestellt wurde. Die Gespräche mit Journalisten (auch Chefredakteuren) gefährden die Pressefreiheit nicht. Die Interventionen beim Anteilseigner bzw. in der Führung des Konzerns gefährden die Pressefreiheit sehr wohl.

  6. Vielen Dank für die Kurzanalyse. Ich denke, auch ohne die Expertise von Psycholog_innen ist Deine Einschätzung plausibel, dass er versucht, sprachlich dazu beizutragen, dass _man_ (hihi) die Geschichte aus seiner Perspektive sieht und sich mit ihm identifiziert.

  7. Erinnert mich an das „Du“, das im Fußballkontext in Mode gekommen ist. „Wenn DU alleine auf den Torwart zuläufst, musst DU…“
    Hat Wulff am Ende von Oliver Kahn gelernt?

  8. Das Festschreiben bezog sich meines Erachtens auf den Zinssatz, der bis dahin variabel (und weit unter dem normalen Zinssatz für einen Hauskredit) lag.

  9. Moin, auch mich hat die häufige Nutzung des Indefinitpronomen „man“ stark gestört.

    Die Annahme über die Ursache und Wirkung teile ich nicht.Ich sehe die verwendete Sprache eher als ein emotionales Indiz.

    Wer „man“ statt „ich“ sagt schafft eine Distanz zwischen der Aussage und seiner eigenen Person: „Ich bin auch ein Mensch“, „Man muss das auch menschlich sehen“.

    Die dadurch erzeugte innere Distanz ist für mich der Grund, warum ich die Aussagen von Wulff inhaltlich ganz gut fand, aber als sehr schwach wahrgenommen habe.

    Deshalb schafft es Wulff auch nicht wirklich die Leute über die persönliche Schiene abzuholen. Die innere Stärke alles mit „ich“ zu formulieren hatte er leider nicht. Die Verwendung von „man“ ist für mich der Grund warum er nicht wirklich den Turnaround geschafft hat.

    War der Vertrag schon unter Dach und Fach, also festgeschrieben? Hier hab ich Wulff den Sachverhalt abgenommen. Bei Vertragsverhandlungen ist oft die Einigung auf Konditionen das entscheidende emotionale Element. Der schriftliche Vertrag und die Unterschriften danach nur Formsache.

    Außerdem ist die Tatsache korrekt, das auch mündliche Verträge rechtskräftig sind.

    Das Wulff sich selbst noch nicht aus dem Schneider sieht, sondern auf Bewährungsprobe mit Lernkurve, hat er im Interview an verschiedenen Stellen gesagt. Also fand ich seine Abgrenzung zum juristischen Begriff „Bewährung“ emotional nachvollziehbar.

    Nachvollziehen kann ich auch den Niveausprung von Landeschef auch Bundespräsident, wer kennt einen Landespolitiker der das Zeug zum BP hätte?

    Für mich ist es nachvollziehbarer geworden, es ist für mich auch insgesamt stimmig was er sagt. Leider mit zu großer innerer Distanz.

  10. Moin,
    erst mal ganz herzlichen Dank vorab für Deine Jahres-Beginn-Mühe, die mich bestärkt in einem Langzeitvorsatz, wo immer möglich besser hinzuhören und genauer zu Lesen.

    Mir sind zusätzlich zwei Dinge aufgefallen. Zum Einen die Phrase „ich habe mich entschuldigt“, wo „man“ doch eigentlich nur um Entschuldigung bitten kann, gewährern müssen sie „Andere“. Aber das ist wohl schon eher normal.

    Das Zweite ist, von „Bewährungsproben“ zu sprechen (mit dem Truman-Zitat), wo es so gar nicht um Proben oder Bewährung geht, sondern schlicht um Falsch und Richtig. Das ist in meinem Verständnis Nebel-Sprech par exellence.

    Danke, and keep on analyzing, please!

    Horst

  11. Leider finde ich nicht, daß das so die richtige Wortwahl ist – in keinster Weise würde ich mich mit dieser Situation identifizieren – nur weil immer das Wort „man“ benutzt wird. „Man“ schiebt die Verantwortung immer auf andere – dahinter kann man sich gut verstecken. Nur Herr Wulff selbst ist Bundespräsident, nur er trägt die Verantwortung für sein Handeln , nur er hat den Kredit bekommen (nicht ich oder irgendjemand anderes) und nur er selbst hat nicht die vollständig korrekten Angaben gemacht. Sorry – ein Vorbild ist das für mich nicht !

  12. ist ein Handschlag das Gegenteil (Antonym) von einer Festschreibung.

    Warum?
    Mündliche Verabredungen werden von beiden (Geschäfts)Partnern durchaus als bindend betrachtet, durch Handschlag besiegelt und später nur noch schriftlich festgehalten.
    Das gilt allerdings auch nach meiner Erfahrung nicht für Kreditgeschäfte.
    Aber unter Freunden…

  13. Sehr interessant, dieser Blog, kenne ihn erst seit heute.
    Was die „Entschuldigungen“von Herrn Wulff (und anderen) angeht: Herr Wulff kann sich nicht selbst „entschuldigen“, er sollte besser mal „um Entschuldigung bitten“.

  14. Mein Chef will auch immer das ich wir und uns sage. Wenn aber ich was gemacht habe, dann sage ich auch ich weil auch nur ich dafür gerade stehen muss.

    Man dankt man für die Analyse 😉

  15. Klasse Analyse – vielen Dank!

    mir fiel noch auf:

    […] aber man muss eben auch wissen, dass man nicht gleich bei der ersten Herausforderung wegläuft, sondern dass man sich der Aufgabe stellt, und auch weiß, wem es in der Küche zu heiß ist, der darf nicht Koch werden wollen, wie es Harry S. Truman gesagt hat […]

    1. Wulffs Geschichte vom Koch passt nicht. Sie soll implizieren, dass es eine vermeintlich ganz normale Situation sei, in der er sich jetzt befindet:
    So wie es einem Koch nicht zu heiß in der Küche sein darf, so darf es einen Bundespräsidenten auch nicht stören, dass er sich in einer Sondersendung rechtfertigen muss, wie er selbst gerade. Er benutzt den Vergleich zum Koch also als -> Verharmlosung für die Situation, zum Herunterspielen. Als wäre es ‚völlig normal‘, dass sich ein Bundespräsident wegen Korruptionsvorwürfen rechtfertigen müsse. Das gehört zum Job, sozusagen. (peinliche Aussage eigentlich)
    Als ‚Beweis‘ führt er an, ‚wie Harry S. Truman gesagt hat‘. (eine bekannte Autorität..)
    Der hat allerdings nichts über Bundespräsidenten gesagt. 😉
    Das ist schräg.

    Die Einleitung dieses Abschnitts: „aber man muss eben auch wissen“ (ziemlich autoritär übrigens) verleitet natürlich nicht unbedingt dazu, sich als Zuhörer die Freiheit zu nehmen und sich zu sagen: Ich muss das gar nicht wissen. Sondern es wird als allgemeingültige Wahrheit hingestellt, dass ‚man das einfach wissen muss‘. Das ist auch wieder diese typische Passivkonstruktion, die Sie/du im Nebelsprech beschrieben hast.

    Im Grunde genommen sagt wulff also in diesem Abschnitt, dass jeder wissen müsse, dass es doch völlig normal für einen Bundespräsidenten sei, sich so wie er in dem Interview Korruptionsvorwürfen stellen zu müssen.
    Fatale Aussage. Für ihn selbst möglicherweise vorteilhaft, für das Amt aber eigentlich eine verheerende Aussage.

  16. Andere Frage… Welchem Multimiliardär ist Wulff auf die Füße getreten(hat Pläne durchkreuzt) das sein Abschuss veranlasst wurde ?

  17. @Stefan: Die Formulierung lautete: „Inzwischen habe ich das Geldmarktdarlehen in ein langfristiges Darlehen festgeschrieben.“ Das ist zumindest missverständlich. (Quelle: taz)

  18. @Kerstin: dem kann ich nur zustimmen. Gerade die Einleitung: „aber man muss eben auch wissen“ soll offenbar die Diskussion ausbremsen, denn damit wird der Inhalt des Nebensatzes zur Präsupposition, d.h. selbst wenn man widerspricht („man muss nicht wissen“), bleibt ja der Inhalt des Nebensatzes erhalten. Und natürlich passt das Bild mit der heißen Küche überhaupt nicht, denn die derzeitige Situation ist keineswegs „normal“.

  19. @sdot: siehe Antwort @Stefan: Der terminus technicus wird typischerweise anders verwendet. Die Konstruktion passt nicht, somit ist die Aussage irreführend: „Inzwischen habe ich das Geldmarktdarlehen in ein langfristiges Darlehen festgeschrieben.“ (Quelle: taz)

  20. 1. Müsste man die Häufigkeit des Ersetzens von ‚ich‘ durch ‚man‘ nicht erstmal in Beziehung setzen mit dem gleichen Phänomen bei anderen Leuten? Ich könnte mir z.B. vorstellen, dass diese Ersetzung in bestimmten Dialekten oder Situationen (etwa: ‚Öffentlich über sich selbst reden‘) wahrscheinlicher ist. Aus absoluten Zahlen etwas herauszulesen ist nicht ganz so leicht.

    2. In dem Zusammenhang frage ich mich auch, was es denn bedeutet, wenn jemand überproportional häufig ‚ich‘ durch ‚man‘ ersetzt — Eine Distanzierung oder eine Lüge daran zu erkennen, halte ich für etwas zu einfach gedacht.

  21. Danke!

    Was ist eigentlich mit dem Satz:

    „Also wir müssen alle hohe Ansprüche haben in dem Wissen, dass wir alle fehlbar sind.“

    Der ist ja auch irgendwie komisch, denn die Betonung, dass ‚wir alle fehlbar sind, benutzt man normalerweise doch, wenn man einen Fehler von sich entschuldigt. (Das und das habe ich falsch gemacht, aber wir sind alle fehlbar..)
    Wulff verknüpft das jedoch mehr oder weniger geschickt mit: ‚wir müssen alle hohe Ansprüche haben‘. Er spiegelt mit dieser Satzeinleitung praktisch die Erwartungen seiner Zuhörer, denn die haben hohe Ansprüche an dieses Interview und führt die Zuhörer dann in die von ihm gewünschte Richtung, dass diese ‚hohen Erwartungen‘ vermeintlich untrennbar verknüpft sind, mit (seiner) Fehlbarkeit.

    Wir wissen nicht, ob dieser Satz wirklich von ihm selbst stammt oder ob er ihn sich vorher zurechtgelegt hat. Der Satz wirkt platziert und er hat irgendwie eine ‚verwirrende Wirkung‘ auf den Zuhörer.

  22. @maha: du hast nach einem Psychologen gefragt. Du weißt aber schon das da kein seriöser Psychologe aufgrund des Interviews sowas wie ein „Gutachten“ bez. des Interviews schreibt.
    Ich bin immer noch gespannt darauf ob es jemand macht, und was er/sie dann schreibt. Ich bin selbst Psychologe, ich kauf schon mal Popcorn. Das wird sicherlich total lustig.

  23. Hallo, der Text ist eine schöne Analyse des Interviews aber natürlich ist das Wort eine Vertragsbindung für einen Präsidenten. Vermutlich nicht im juristischem Sinne aber dennoch plausibel im vorhergehenden Zusammenhang. Das der Mann aber verunsichert ist scheint mir einfach normal zu sein, schlecht für das Krisenmanagment ist es dennoch.
    Über den Grund der Entmachtung von Wulff steht hier http://charakteristik.wordpress.com/ noch etwas treffendes.

  24. Lieber Martin,

    Deine Analyse bestätigt mich in dem, was ich meinem Vater (Prof. f. klass. Phil. im Ruhestand) am Abend nach dem Interview geschrieben habe und er als „genauso habe ich es empfunden“ beantwortet hat:

    „Er wirkte mit zunehmendem Fortgang des Interviews immer mehr wie ein Schüler, der zum Direktor zitiert wurde.

    Gegen Ende des Interviews hat er auf ihn resp. den Bundespräsidenten zielende Fragen nicht mehr mit „ich“, sondern nur noch mit „man“ reagiert. Ein trauriges Bild.“

  25. Das ist eine sehr interessante Betrachtung. Aber mir fehlt eine konsequente Schlußfolgerung.

    Wenn man das Detailgeplänkel einfach mal wegläßt, und untersucht, ob Herr Wulff sich bei seinen Taten und Erklärungen intelligent oder unintelligent, geschickt oder ungeschickt, dem Souverän gegenüber loyal oder unloyal verhalten hat, muß man feststellen, dass ein seiner Position und seiner Entlohnung entsprechendes intelligentes und
    geschicktes Handeln auch in Zukunft nicht erwartet werden kann. Das
    geht immer so weiter. Es wird das nächste Problem geben, und das
    nächste und so fort. Unablässig. Und natürlich die zugehörigen
    überflüssigen Diskussionen. Menschen ändern sich nicht!

    Wenn er also im Amt bliebe, wäre seine Unfähigkeit deshalb ja nicht
    plötzlich vorbei. Er bleibt so tölpelhaft, wie er ist. Aus welchem
    Himmel sollte denn eine Besserung seiner Fähigkeiten herabfallen? Er
    kann es nicht! Das hat er ausführlich demonstriert. Freiwillig, ohne,
    dass wir darum gebeten hatten.

    Hat irgend jemand das etwa nicht gesehen?

  26. Kein Kommentar zur sprachlichen Analyse
    Neigte zuerst zu einer Verschwörungstheorie: Pressekampagne gegen Wulff (Sommerloch im Winter?) Wulff der Saubermann der CDU – wer lässt stänkern?
    Hat Wulff auf norddeutsche Art versucht bei den Bayern abzukupfern?
    In einer Medienwelt mit Computerunterstützung, die die Mächtigen und Finanzjongleure auf ihrer Seite hat, glaube ich gar nichts mehr. Über Heinrich Lübke hat man damals aktuell nicht geschrieben, dass er krank war – seinerzeit hat man ihn nicht aus dem Amt gejagt. Erst viele Jahre später, nach seinem Tod hat man – nach Spottschriften (Worten des Vorsitzenden Heinrich in Anspielung auf Maozedong) – hat man das preisgegeben.
    Für mich haben CDU-Politiker tendenziell Dreck am Stecken und vor dem Hintergrund fand ich den Rücktritt Brandts falsch, weil die SPD auch nicht viel besser ist; nur Brandt hat sich zu sehr von seinem Gewissen leiten lassen. So etwas will uns Herr Wulff auch suggerieren. Soll er erst mal aus seiner Partei austreten und ein paar mehr Beweise bringen, dass er das meint, was er im Fernsehen behauptet – ob man oder ich.

  27. Mal ne Frage – wieso brauchen die Kommentare jetzt ne Freischaltung – war doch sonst auch nicht der Fall…

  28. Zur Interviewführung: Wie man so was richtig macht zeigt wieder mal die BBC mit Ihrem Programm HARDtalk.

    http://news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/hardtalk/default.stm

    Die hatten auch mal Schäuble und haben den ziemlich gegrillt. Von so einer Gesprächsführung können wir bei unseren ÖR Interviewern nur Träumen. Ich verkneife mir jetzt eine weitere Bewertung unserer Journalisten, um den Tatbestand der Beleidigung zu umgehen.

    http://news.bbc.co.uk/2/hi/programmes/hardtalk/8112535.stm

  29. @heinz: war immer moderiert beim 2. Kommentar. Wer schon freigeschaltet war, konnte weiter kommentieren. Vielleicht hast du ne neue E-Mail-Adresse?

  30. Der Wulff-Freund Carsten Maschmeyer stellt sich vor

    AWD-Täuschung „Finanzoptimierer der kleinen Leute“ (Totengräber der kleinen Leute)
    youtube.com/watch?v=cVT5NaBSSU8&feature=related

    http://daserste.ndr.de/panorama/aktuell/awd157.html

    http://panorama.blog.ndr.de/2011/02/15/ein-offener-brief-an-carsten-maschmeyer/

    youtube.com/watch?v=ij_mAPTFOdw&feature=related

    Bürger um 1 Mrd. geschädigt:

    youtube.com/watch?v=J0tdymZKwxw&feature=relate

    Geschädigte auch in Österreich:

    youtube.com/watch?v=7LGN_fbQ3ko&feature=related

    youtube.com/watch?v=EGv0eWfpx7M&feature=related

    youtube.com/watch?v=AHuVXbb15Nw

    Günther Jauch stand auch auf der Payroll von Carsten Maschmeyer und Thomas Gottschalk gab eine Empfehlung:

    youtube.com/watch?v=Z1raIG7o9T8&feature=results_video&playnext=1&list=PLFEB24F25DEE9C31D

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