In dieser Woche habe ich bei den Bayreuther Festspielen Die Meistersinger von Nürnberg gesehen. Obwohl das nicht meine Lieblingsoper von Richard Wagner ist, war ich am Ende doch begeistert: Wie üblich war die künstlerische Leistung ausgezeichnet, besonders die Chöre haben mich sehr beeindruckt. Was ich aber besonders gelungen fand, war die Inszenierung. Es war mein sechster Besuch in Bayreuth (wenn man das Public Viewing mit einrechnet) und das zweite Mal, dass ich die Meistersinger gesehen habe (das letzte Mal in der Inszenierung von Katharina Wagner, die mir nicht gefallen hat), aber diese Inszenierung war die beste Inszenierung, die ich in Bayreuth überhaupt gesehen habe. Der Regisseur Barry Kosky hat richtiges Theater auf die Bühne gebracht. Da war viel Bewegung und Witz in der Inszenierung, was in Bayreuth häufig fehlt (am meisten bei Tankred Dorsts Ringinszenierung).
Mir gefiel es auch, dass es zum ersten Mal in Bayreuth auf der Bühne auch um eine Auseinandersetzung mit Richard Wagners Antisemitismus ging. Denn gerade in dieser Oper lassen sich (oft wegdiskutierte) antisemitische Anklänge finden (in der Person Beckmesser). Die Idee, die Handlung in Wagners Villa Wahnfried beginnen und im Saal der Nürnberger Prozesse enden zu lassen, war jedenfalls aufschlussreich und gelungen umgesetzt (wobei ich mir nicht erklären kann, warum die Uhr in den Chorszenen rückwärts lief). Damit bekam die Inszenierung auch eine aktuelle politische Botschaft, denn sie zeigte, wohin Diskriminierung, Rassismus und Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen.
Insgesamt fand ich die Aufführung sehr kurzweilig. Sie hat mich darin bestärkt, weiter nach Karten virtuell „anzustehen“, denn die sechs Stunden im Festspielhaus gehen sehr schnell vorüber und sind ein außergewöhnlicher Kunstgenuss.