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Die Meistersinger von Bayreuth

In dieser Woche habe ich bei den Bayreuther Festspielen Die Meistersinger von Nürnberg gesehen. Obwohl das nicht meine Lieblingsoper von Richard Wagner ist, war ich am Ende doch begeistert: Wie üblich war die künstlerische Leistung ausgezeichnet, besonders die Chöre haben mich sehr beeindruckt. Was ich aber besonders gelungen fand, war die Inszenierung. Es war mein sechster Besuch in Bayreuth (wenn man das Public Viewing mit einrechnet) und das zweite Mal, dass ich die Meistersinger gesehen habe (das letzte Mal in der Inszenierung von Katharina Wagner, die mir nicht gefallen hat), aber diese Inszenierung war die beste Inszenierung, die ich in Bayreuth überhaupt gesehen habe. Der Regisseur Barry Kosky hat richtiges Theater auf die Bühne gebracht. Da war viel Bewegung und Witz in der Inszenierung, was in Bayreuth häufig fehlt (am meisten bei Tankred Dorsts Ringinszenierung).

Mir gefiel es auch, dass es zum ersten Mal in Bayreuth auf der Bühne auch um eine Auseinandersetzung mit Richard Wagners Antisemitismus ging. Denn gerade in dieser Oper lassen sich (oft wegdiskutierte) antisemitische Anklänge finden (in der Person Beckmesser). Die Idee, die Handlung in Wagners Villa Wahnfried beginnen und im Saal der Nürnberger Prozesse enden zu lassen, war jedenfalls aufschlussreich und gelungen umgesetzt (wobei ich mir nicht erklären kann, warum die Uhr in den Chorszenen rückwärts lief). Damit bekam die Inszenierung auch eine aktuelle politische Botschaft, denn sie zeigte, wohin Diskriminierung, Rassismus und Verbrechen gegen die Menschlichkeit führen.

Insgesamt fand ich die Aufführung sehr kurzweilig. Sie hat mich darin bestärkt, weiter nach Karten virtuell „anzustehen“, denn die sechs Stunden im Festspielhaus gehen sehr schnell vorüber und sind ein außergewöhnlicher Kunstgenuss.

 

Artemis

Ich habe gerade Artemis, das neue Buch von Andy Weir zu Ende gelesen. Das war gar nicht so schnell geplant, aber am Ende wurde es halt richtig spannend und ich konnte es nicht mehr beiseite legen. Es hat mir nicht ganz so gut gefallen wie Der Marsianer, aber das soll einer Empfehlung keinen Abbruch tun. Hier zunächst meine Kritikpunkte, wobei ich Spoiler versuche zu vermeiden: Die Hauptperson wirkt etwas hölzerner als der Marsianer; vor allem kann ich mich mit den vertretenen politischen Ideen schwer anfreunden: Sie beruhen auf libertären Vorstellungen, bei denen anstelle von demokratisch legitimierten staatlichen Organen Individuen in einem schwachen Staat das Zusammenleben regeln. Das Ganze erinnert sehr an Ayn Rand. Auf der positiven Seite steht allerdings, dass ich eine Menge über Raumfahrt, den Mond, das Leben mit geringer Gravitation usw. gelernt habe. Das wiegt die Nachteile auf. Und vor allem ist es spannend. Das Buch wird sicher auch verfilmt, jedenfalls ist es schon so angelegt. Eine Frage bleibt bei mir offen (oder habe ich was überlesen?): Warum wird auf dem Mond Strom aus Atomkraftwerken generiert und nicht aus Photovoltaik?

Dudle und Foodle

Informationelle Selbstbestimmung ist ja so eine Sache: Ich selbst gehöre zu den Leuten, die gern Informationen über sich öffentlich machen. So möchte ich zum Beispiel gern, dass meine Kontaktdaten auch gefunden werden können. Andererseits möchte ich nicht die Daten anderer Leute irgendeinem Drittanbieter ausliefern. Besonders problematisch wird das, wenn es darum geht, Termine über das Internet abzustimmen. Viele benutzen dafür Doodle, aber mich nervt da schon die Werbung; was ich aber besonders problematisch finde: Durch die Benutzung von Doodle liefere ich sehr persönliche Daten einem kommerziellen Anbieter aus. Bei meinen eigenen Daten wäre mir das an dieser Stelle egal, aber es offenbaren sich dem Anbieter Informationen auch über andere Leute, insbesondere darüber, wer mit wem etwas zusammen macht (und sogar was sie gemeinsam tun, wobei die sozialen Verknüpfungen wohl interessanter sind). Wenn ich darüber nachdenke, wie häufig Doodle in einem bestimmten Umfeld verwendet wird, finde ich das schon sehr bedenklich.

Es müssen also Alternativen her: Zwei die ich seit längerem nutze, sind dudle und foodle:

  • dudle ist ein Tool der TU Dresden, das freie Software (AGPL 3.0) und sehr „privatheitsorientiert“ ist. Ich habe es vor allem im Chaos Computer Club kennen und schätzen gelernt. Ich finde allerdings die Web-Oberfläche sehr altmodisch und auf mobilen Geräten praktisch unbenutzbar. Irgendwie ist da die Entwicklung stehen geblieben. Schade!
  • foodle, ebenfalls freie Software, die dem DFN-Terminplaner zugrunde liegt, den ich seit geraumer Zeit auch für meine dienstlichen Belange nutze. Besonders mit den Daten von Studierenden sollte ja sorgfältig umgegangen werden, was der DFN-Verein sicher besser gewährleistet als ein kommerzieller Anbieter. Für weniger dienstliche Angelegenheiten nutze ich das gleiche Programm über foodl.org, da diese Seite auch mobil besser zu handhaben ist.

Understanding Varoufakis

Yanis Varoufakis, the ‘minister with a blog’ is “minister no more”. This is regrettable, because contrary to what conservative politicians in Europe (including social democrats) want to make believe, he is a consequential economic thinker and proponent of a more humane approach to solve the ongoing European crisis. Pace Schäuble and company, Yanis Varoufakis is not at all an unreliable negotiator, since he had outlined his proposals long before he took office, and sticked to it.

Here is a short outline of his very plausible proposals in two parts from an interview with nachdenkseiten.de:

  1. a more general introduction,
  2. more specific part about Greece’s duty to negotiate with Berlin.

Several things are noteworthy: This interview dates back to a time when Yanis Varoufakis hoped not to become minister. It also becomes evident that the “modest proposal” had existed independently of Syriza’s electoral success in 2015. The proposal could have been brought into discussion earlier by another European government. It also shows that this proposal lays out a masterplan that the Greek government is following, independently of Yanis Varoufakis being its member.

I find the idea of “Europeanizing” failed banks particularly convincing, instead of lending money to the states that pass it on to banks to pay their debts to other banks, thereby increasing the state’s deficit. This “Europeanization” would have been an excellent solution for Bankia in Spain and possibly in Cyprus and Greece as well. Financial restructuring with direct investments by the European Investment Bank is another very plausible idea which would have stimulated the economy in the member states threatened by economic collapse.

For those of you who do not want to read long texts, here is a video where Yanis Varoufakis answers questions about his analysis of European economy and the modest proposal. It is by the way the famous stick-the-finger video and a very digestible presentation of his thoughts. Independently of the European crisis, I liked his Confessions of an erratic Marxist very much for the insights into economics as a scientific discipline.

Podcasts galore!

Es gibt – erfreulicherweise – Menschen, die sich über ausbleibende Blogbeiträge beklagen. Dass ich hier weniger schreibe, ist der Tatsache geschuldet, dass ich um so mehr podcaste. Hier eine kommentierte Liste aller meiner Podcasts:

  • Mein wichtigster Podcast ist 1337kultur.de mit zwischen 3.000 und 12.000 Downloads.
  • Mein ältester Podcast, der Klabautercast stagniert gerade etwas wegen des piratigen Motivationstiefs. Er wird aber mit Sicherheit im kommenden Wahlkampf in Berlin wiederbelebt.
  • Der sporadische mahacast in diesem Blog wird natürlich auch fortgesetzt, allerdings eben nicht so oft.
  • Der Neusprechfunk ist auch mehr als sporadisch, aber es wird sicher weitergehen, wenn auch mit wenigen Folgen im Jahr. Das Problem ist hier die Terminfindung bei drei sehr eingespannten Podcastern.
  • Neu hinzugekommen ist der Genusscast, den ich zusammen mit heckpiet vom Pietcast mache. Der Genusscast ist sozusagen ein Spinoff von 1337kultur.de und pietcast.com.

Die gemeinsame Plattform für die Podcasts ist das fonodrom, das Podcaststudio, das ich gemeinsam mit heckpiet angemietet habe und wo wir unsere Podcast produzieren. (Die Website des fonodroms muss noch auf den aktuellen Stand gebracht werden.) Zur fonodrom-Familie gehört auch Das Kamingespräch, das ebenfalls über unsere Plattform läuft. Das Kamingespräch macht Kristian Mann, der sich auch um die Technik von 1337kultur.de und klabautercast.de kümmert. Vielen Dank dafür!

Ich würde mich sehr freuen, wenn ihr meine Podcasts abonniert, hört und kommentiert, denn euer Feedback ist der Grund, warum ich podcaste.

Außerdem gibt es meine Vorlesungen und Vorträge bei archive.org unter dem Suchwort „Martin Haase“ und auf Youtube in meinem Channel „Martin Haase“, wobei ich empfehle, die CCC-Vorträge unter media.ccc.de abzurufen.

Mein 500. Blogbeitrag: Serverausfall, Berlinale

Aufgrund des Ausfalls meines Servers im Februar ist folgender Eintrag über die diesjährige Berlinale völlig untergegangen. Jetzt, wo mein Blog seit der icmp7 wieder auf dem aktuellen Stand ist, liegt die Berlinale zwar schon lange zurück, aber der Vollständigkeit halber möchte ich den Beitrag doch veröffentlichen, der übrigens mein fünfhundertster in diesem Blog ist.

Berlinale 2014

Obwohl ich mich im letzten Jahr so sehr über einen Kinobesuch geärgert habe, dass ich mir vorgenommen hatte zuhause zu bleiben, ging ich auch dieses Jahr zur Berlinale und habe zwei neue Filme gesehen. Ich hätte sicher mehr gesehen, wenn die Berlinale endlich mal einen vernünftigen Kartenverkauf über das Internet organisieren könnte. Der Kauf über das Internet ist immer noch schwierig: es gibt nur kleine Kontingente und die richtigen Enthusiasten werden gezwungen, für Karten anzustehen. Das ist so richtig rückwärtsgewandt und auch so ein Grund, nicht mehr hinzugehen.

Gesehen habe ich Afternoon of a Faun: Tanaquil Le Clercq (Trailer), einen Film über eine US-amerikanische Ballet-Tänzerin, die an Kinderlähmung erkrankt. Der Film ist ein sehr guter Dokumentarfilm. Zwei Dinge haben mich gestört:

  1. An einer Stelle gab es einen unmotivierten schwarzen Schnitt – aber das ist eine Kleinigkeit;
  2. der Umgang mit der Homosexualität eines Protagonisten: Irgendwie war die ziemlich unterschwellig bis verklemmt heraushörbar (und von der Wikipedia bestätigt). Das ist eigentlich unzeitgemäß im 21. Jahrhundert. Ein Zuschauer hatte die Regisseurin nachher drauf angesprochen. Es war also nicht nur mir aufgefallen. Sie redete sich heraus damit, dass die Menschen manchmal komplizierter seien – ziemlich unsouverän!

Der andere Film war Triptyque (Homepage, Trailer), ein ziemlich interessanter Film aus Québec. Der Film setzt Techniken der Fotografie filmisch um und geht damit so richtig unter die Haut. Leider werden Menschen, die nicht sehr gut Französisch, Englisch und Deutsch können, ihn nicht wirklich genießen können. Er ist aber auf jeden Fall empfehlenswert.

LaTeX in Word umwandeln

Wenn ich Bücher oder Artikel schreibe, benutze ich ja meistens das Schriftsatzsystem LaTeX. Hier ein paar Gründe:

  1. Ich bekomme ein schönes pdf (dank XeTeX kann ich auch bei den Schriftarten dabei alle Register ziehen, ich finde ja die TeX-Standard-Schriftart Computer Modern nicht so ansprechend).
  2. Die Literaturverwaltung mit bib(la)tex (und biber) funktioniert einwandfrei. Ich bekomme die richtigen bibliografischen Angaben direkt im Bibtex-Format aus den gängigen Datenbanken und natürlich aus Zotero, Google Scholar, BibSonomy usw. Außerdem habe ich für meine Interessengebiete schon größere Literaturdatenbanken in Bibtex.
  3. Querverweise funktionieren in Latex einwandfrei (ein großes Manko bei Pages).
  4. Ich benötige häufig komplizierte Sonderzeichen: Phonetische Zeichen sind dank UTF-8 zwar fast überall verfügbar, nur sehen sie meist typografisch merkwürdig aus. Außer in Latex ist es fast unmöglich, beliebige Zeichen zu kombinieren, was aber in linguistischen Arbeiten oft nötig ist, insbesondere wenn es um Dialekte geht.
  5. Die interlineare Übersetzung von exotischen Sprachen ist ohne Latex eine ziemliche Fummelei.
  6. Ich lasse mich vom Inhalt nicht durch Formatierungsfragen während der Texterstellung ablenken.

Das Problem ist aber, dass viele Herausgeber gern statt einer Latex-Datei eine Word-Datei haben möchten (manchmal „unformatiert“, häufig auf der Basis eines eigenen Stylesheets). Die Umwandlung von Latex zu Word ist eigentlich ganz einfach, wenn man weiß, wie es geht. Ich habe verschiedene Lösungen ausprobiert und nur eine scheint mir (trotz einer gewissen Komplexität) wirklich ohne Abstriche gangbar: Die Umwandlung vollzieht sich in drei Schritten:

tex4ht

Das Script htlatex kompliliert latex-Dateien mit dem Paket tex4ht. Auf der Kommandozeile gebe ich Folgendes ein:

htlatex Latexdatei.tex 'html,charset=utf-8,NoFonts'

Damit wird die Latexdatei in eine html-Datei umgewandelt. Mit der zweiten Option wird im Header dieser Datei vermerkt, dass es sich um eine UTF8-kodierte Datei handelt (was aber nicht stimmt, dazu gleich mehr). Die dritte Option unterdrückt die Angabe von Zeichensätzen in der html-Datei, denn die brauchen wir nicht, da die am Ende herausfallende Datei entweder „unformatiert“ sein oder einem Stylesheet entsprechen soll.

Korrekt in UTF8 umgewandelt würde die Datei mit folgenden Optionen (das Leerzeichen zu Beginn der zweiten Optionsgruppe ist wichtig):

htlatex Latexdatei.tex 'html,charset=utf-8,NoFonts' ' -cunihtf -utf8 -cvalidate'

Das führt aber dazu, dass die Datei auch Ligaturen enthält, was für die weitere Verarbeitung aber störend ist. Ohne die zweite Optionsgruppe ist die entstehende html-Datei (trotz anderer Information im Header) in ISO-8859-1 kodiert und enthält keine Ligaturen.

Kodierung korrigieren

Ich muss also die Kodierung korrigieren mit:

iconv -f ISO-8859-1 -t UTF-8 Latexdatei.html

Jetzt haben wir eine html-Datei in der richtigen Kodierung (entsprechend der Angabe im Header). Diese Datei kann ich natürlich als html-Seite veröffentlichen, was ich aber gar nicht möchte. Es ist vielmehr die Grundlage für die Weiterverarbeitung, die ich mir gar nicht anschaue.

pandoc

Die entstandene html-Datei kann ich jetzt in jedes beliebige Format umwandeln dank Pandoc. So ist es kein Problem, einfach ein schönes E-Book zu produzieren (epub oder gar epub3). Auch die Umwandlung in doc oder docx ist möglich. Ich gehe allerdings meist über einen Zwischenschritt und wähle odf, damit ich mir die Datei noch mal mit Open/LibreOffice ansehen und durchsehen kann, bevor ich sie als Word-Datei abspeichere und an den Herausgeber schicke.

Bevor jetzt jemand fragt: Die direkte Umwandlung von latex nach doc mit pandoc liefert keine auch nur im Ansatz zufriedenstellenden Ergebnisse. Insbesondere bekomme ich biblatex nicht richtig mit pandoc vermählt.

Feeds für den Mahacast

Einige haben mich gefragt, wo die Feeds für den Mahacast zu finden sind. Viele Podcastcatcher finden die nicht automatisch, wenn http://maha-online.de/ eingegeben wird (manche finden sie jedoch, wenn http://maha-online.de/blog/ eingegeben wird). Daher liste ich hier noch mal alle Feeds auf:

  1. Allgemeiner Podcastfeed (Screencast, Video): http://www.maha-online.de/blog/feed/podcast/,
  2. AAC-Audio (ohne Video/Screencast): http://www.maha-online.de/blog/feed/podcast-aac/,
  3. opus-Audio (ohne Video/Screencast): http://www.maha-online.de/blog/feed/podcast-opus/, Vorteil: ganz kleine Dateien/open source, wird aber nicht von allen Playern unterstützt,
  4. ogg-Audio (ohne Video/Screencast): http://www.maha-online.de/blog/feed/podcast-ogg/, Vorteil: open source, wird aber nicht von allen Playern unterstützt,
  5. mp3-Audio (ohne Video/Screencast): http://www.maha-online.de/blog/feed/podcast-mp3/, Vorteil: von so ziemlich allen Playern unterstützt,
  6. nur Blog (Text ohne Mahacasts): http://www.maha-online.de/blog/feed/,

Ich empfehle, den ersten Feed (default, Screencasts) für den mahacast und den letzten Feed für das Blog zu abonnieren. Die mittleren Feeds nur, wenn partout kein Video gewünscht ist. Für die Videos (Screencasts) habe ich jetzt auch einen Youtube-Channel.

Wichtiger Hinweis: Anfang Februar gab es einen Serverausfall, der leider zum Verlust einiger Daten führte, da auch das Backup betroffen war. Inzwischen bin ich dabei, die verlorenen Daten wiederherzustellen.

Vorlesung Syntax als Podcast

Ich bin ein kleines bisschen stolz auf mich: einerseits weil ich endlich wieder zum Bloggen gekommen bin, andererseits weil ich mir einen Traum erfüllt habe: Es gibt jetzt endlich eine aktuelle (noch laufende) Vorlesung von mir als Podcast. Der Titel ist: Grundlagen der Syntax. Zugegeben: nicht das leichteste Thema! Ich hoffe aber, dass es auch über den Kreis meiner Studierenden im Aufbaumodul (also Anfänger mit Vorkenntnissen) Interesse findet.

Ich nehme ja schon seit 2010 meine Vorlesungen als Screencast auf, bisher standen sie aber nur im universitätsinternen Moodle den Studierenden zur Verfügung, dabei wollte ich sie schon immer veröffentlichen. Aus einer Reihe von Gründen habe ich es nicht getan:

  1. Das wichtigste Problem war (und ist) das Urheberrecht: Für eine Vorlesung ist es nötig, auf anderer Leutes Material zurückzugreifen. Wenn das ein Zitat überschreitet (zum Beispiel im Fall von Dialektkarten), ist das problematisch, und ich habe mich nicht getraut.
  2. Jeder macht Fehler, auch ich. Da ich mir während eines Semesters gelegentlich bewusst wurde, dummes Zeug erzählt zu haben, sank meine Motivation, das im Nachhinein zu veröffentlichen.
  3. Die Qualität der Aufnahmen war mir einfach zu schlecht.

Da ich in jedem Semester eine anonyme Selbstevaluation durch die Vorlesungsteilnehmer durchführe, habe ich erfahren, dass die Studierenden meine internen Vorlesungsaufzeichnungen sehr schätzen. Nun bin ich als Professor ja nicht nur für den geschlossenen Kreis meiner Studierenden da, sondern sollte das, was ich tue eigentlich allen zur Verfügung stellen. Es ist letztlich eine Frage des Mutes und irgendwann musste ich ihn einfach aufbringen. Ich zitiere mal den Wikipedia-Artikel Professur: „Professur (von lateinisch profiteri in der Bedeutung ‚sich öffentlich als Lehrer zu erkennen geben‘)“. Jetzt habe ich es gleich zu Semesterbeginn gemacht. Dann muss ich da auch trotz möglicher Fehler durch!

Das mit dem Urheberrecht bekomme ich zumindest in diesem Semester ganz einfach in den Griff, denn ich greife einfach auf mein eigenes Material zurück. Das geht natürlich – abhängig vom Thema – nicht immer. An der technischen Qualität arbeite ich noch. Ich habe mir diverse Mikrofone zugelegt und werde sie nach und nach ausprobieren, in der Hoffnung, dass die Qualität immer besser wird. Zur Zeit bin ich jedenfalls noch nicht zufrieden.

Ein weiteres Problem ist, dass die Video-Dateien sehr groß sind. Eine reine Audio-Version ist auch nicht machbar, weil die gezeigten Folien wirklich wichtig für das Verständnis sind. Ich suche noch ein wenig nach einem alternativen Codec, dieser sollte aber auf allen üblichen Geräten vorhanden sein und die Optik der Vorlesungs-Folien nicht verschlechtern, weil die unbedingt lesbar sein sollten (ich gebe mir da große Mühe, sie nicht zu klein zu machen). Dateien, die zwischen 300 und 700 MB groß sind, lassen sich eben schlecht unterwegs im Mobilfunknetz streamen oder gar herunterladen – gerade wenn die nächste Volumen-Drosselung droht oder der Provider Geld für große Downloads berechnet. BitTorrent ist da jetzt auch nicht wirklich eine Lösung, denn die Uni-Server ertragen die Downloads durchaus und der Interessentenkreis ist zu gering.

Leider unterstützt meine Universität solche Aktionen gar nicht: Ich musste einen RSS-Feed in das Typo3-CMS hinein hacken, was sehr umständlich ist. Dafür kann ich jetzt Feed-XML-Dateien im Schlaf erstellen. Es gibt aber keine richtige Plattform, auf der ich auch Kommentare empfangen kann. Wir haben zwar ein Moodle, aber das funktioniert nur uni-intern. Die Idee, dass die Universität eigentlich für alle da ist und daher auch ihr Angebot der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen muss, ist da leider noch nicht angekommen. Ich habe überhaupt das Gefühl, dass es kaum Leute gibt, die so ein öffentliches Angebot machen. Ja, es gibt iTunesU, an dem sich auch deutsche Unis beteiligen, aber das ist ja im Grunde eine geschlossene Plattform, auf der sich Apple das Material aneignet, das noch dazu nur mit einer Anmeldung zugänglich ist. Das widerspricht der Idee frei zugänglicher Bildung.

Die Vorlesung steht natürlich unter der Creative-Commons-Lizenz cc-by-sa 3.0 für Deutschland, schließlich bin ich ja schon für meine Arbeit bezahlt worden.

Leider kann ich – da es sich um eine Uni-Plattform handelt – nicht nachvollziehen, wie viele Leute sich die Vorlesung herunterladen (direkter Link auf den Feed), eine Kommentarfunktion fehlt ebenfalls, Flattr kann ich auf einer Uni-Seite auch nicht einsetzen (um wenigstens durch die flattr-Klicks ein Feedback zu haben). Daher bitte ich diejenigen, die ein Feedback geben wollen, dies hier oder per E-Mail zu tun. Obwohl die Syntax natürlich eine etwas esoterische Disziplin ist, hoffe ich auf etwas Interesse.

SIGINT und CSD in Köln

Vom 5. bis 7. Juli 2013 fand der Sommerkongress des Chaos Computer Clubs, die so genannte SIGINT 2013 im Kölner Mediapark statt. Wie immer gab es ein paar Vortrags-Highlights, zum Beispiel den Vortrag von Kay Hamacher über statistische Fallen und – besonders unterhaltsam und erschreckend zugleich: einen Vortrag über die Möglichkeit, Briefwahlen zu fälschen.

Zufälligerweise fand an diesem Wochenende auch der Christopher-Street-Day in Köln statt, den ich noch nicht kannte. Dank einer Einladung von Kölner Piraten durfte ich auf dem CSD-Wagen mitfahren. Das war schon ein besonderes Erlebnis. Ich bin zwar kürzlich auch auf dem CSD-Truck der Berliner mitgefahren, aber der Kölner CSD ist anders: Er hat weniger den Charakter einer Demo als den eines Karnevalszugs. Das soll jetzt nicht abwertend klingen, denn natürlich ist es in jedem Fall eine Demo, aber wie so oft zeigt sich, dass sich auch politische Veranstaltung den lokalen Traditionen anpassen, und so kann der Eindruck entstehen, der CSD sei so etwas wie der Rosenmontagszug des Sommers. Jedenfalls ist wirklich ganz Köln auf den Beinen und feiert am Straßenrand mit.
Das ist eben anders als in Berlin, wo sich die Feiernden mehr auf der Demo selbst tummeln und nur in geringerem Ausmaß am Straßenrand. In Kölns ist das anders. Der Zug durch die engen Straßen der Innenstadt ist auch sehr interessant, weil die Menschen in den Fenstern liegen, sozusagen auf Augenhöhe mit den Mitfahrenden auf den Wagen.

Mir hat der CSD jedenfalls sehr viel Spaß gemacht. Vielen Dank an die Orga! Uns haben übrigens sehr viele Leute zugejubelt – ganz so schlimm kann es also um die Piraten nicht stehen!