Heute Abend war ich seit längerem mal wieder bei den Bamberger Symphonikern, und zwar zu einem Brahms-Abend unter Leitung von Herbert Blomstedt. Den Abend eröffnete die Tragische Ouvertüre, die sich unverkennbar an Beethoven anlehnt. Blomstedts Einspielung war sehr präzise und zugleich ausdrucksstark. Ich war sofort begeistert! Es folgten Vier ernste Gesänge op. 121 für eine Singstimme mit Orchester-Begleitung, die mich weder orchestral noch vom Sänger Rudolf Rosen her begeisterten. Dieser sang zwar präzise, jedoch ausdrucksschwach-technisch. Als Opernsänger wäre etwas mehr Ausdruckskraft und Blickkontakt zum Publikum schon wünschenswert; wenigistens sah er gut aus! Als er es dann aber für nötig hielt, die Ehrenjungfer zu küssen, die ihm Blumen überreichte, war er bei mir endgültig durchgefallen.
Nach der Pause wurde der Abend dann gerettet von der 3. Sinfonie, die mir gut gefallen hat, obwohl man das eine oder andere etwas romantischer hätte ausspielen können. Wieder erwies sich Blomstedts Einspielung als angenehm präzise. Den gefälligen Abschluss bildete die Akademische Festouvertüre. Obwohl das Stück sehr gefällig ist, wurde mir seine Genialität in der heutigen Interpretation so richtig klar: Im Grunde strebt das Stück auf einen Choral zu (das Gaudeamus igitur) – kurz zuvor jedoch wagt sich Johannes Brahms harmonisch sehr weit vor. Hier wird er für kurze Zeit doch wagneresque, was ich ihm gar nicht zugetraut hätte. Wahrscheinlich habe ich Brahms einfach als Orchesterkomponisten verkannt, denn seine a cappella-Lieder gehören seit Jahren zu meinen Favoriten.